Krebspatient radelt

für guten Zweck


Lebensweg

Mit meiner Geschichte möchte ich Menschen mit ähnlichen Schicksalen ermutigen!

Im Oktober 1965 erblicke ich im nordrhein-westfälischen Schwerte a.d. Ruhr das Licht der Welt. Ganz schnell wird mir klar, es gibt nun kein zurück und mit Blick nach vorne wird es kein "Honig schlecken". Der Vater ein saufender Haustyrann, die Mutter prügelt, da sind Demütigungen, körperliche- und psychische Gewalt keine Seltenheit. Das für eine gesunde Entwicklung notwendige Maß an Schutz und Erziehung erhalte ich nicht, und so wachse ich mit zwei Geschwistern in schwierigen Familienverhältnissen auf. Diese (schlimmen) Erfahrungen in der Kindheit und Jugend machten mich schon sehr früh zu einem alkoholabhängigen Menschen. Mein Weg:

1972 | Grundschule: Friedrich-Kayser Schule der Stadt Schwerte,

1976 | Hauptschule: Eintrachtschule der Stadt Schwerte, Haupschulabschluss 9. Klasse 

1981 | Hellweg Berufsschule Unna: 10.Schuljahr ohne Abschluss, Alkohol ist längst ein ständiger Begleiter

1982 | Ausbildungsbeginn zum Betriebschlosser. Nach kurzer Zeit abgebrochen, es folgen Jobs als "Hilfsarbeiter"

1985 | 1. Jugend-Freiheitsstrafe: 16 Monate, im Anschluss daran: "Alter Freundeskreis", Alkohol, Gelegenheitsjobs,

1989 | 2. Freiheitsstrafe: 10 Monate, Haftende 10.12.1989 (Weihnachtsamnestie), kurzzeitige Obdachlosigkeit

1990 | Ein neuer Job: Hilfsarbeiter in einem Stahlhandel. Hier kommt es zu einem schweren Arbeitsunfall bei dem ich mir mehrere Knochenbrüche zuziehe. In einer 10 stündigen Operation werden meine Knochen von einem Ärzteteam wieder zusammengeflickt. Die vollstationäre Behandlung im Ev. Krankenhaus Schwerte dauert anschließend über 10 Monate!

1991 | Jobwechsel! In einem Großhandel arbeite ich zuverlässig, qualifiziere mich dort zum stellvetretenden Lagerleiter

1992 | Ich verlasse mein gewohntes Umfeld, beende nun erstmals den langjährigen Alkoholkonsum!

1993 | Das Wagnis: Der Sprung ins Eheleben (1. Eheschließung)

1995 | Führerschein Kl. 2, ab jetzt bin ich als LKW - Fahrer (national u. international, Schwerpunkt D, NL, B, F) tätig

1998 | Der Rückfall! Ich bin noch immer "trocken", das ändert sich allerdings direkt nach dem "AUS" der 1. Ehe. Wieder kann ich mein Leben nur unter Einfluss von Alkohol ertragen. In den nun folgenden Jahren kommt es zu einer weiteren Eheschließung, diese Ehe beende ich allerdings selbst bereits 2 Jahren später. Der Alkoholkonsum hat mich längst wieder in die Abhängigkeit geführt!

 

2003 | Vom Alkohol weg! Endlich gelingt mir die Kehrtwende, ich beende den Alkoholkonsum entgültig und krempel mein Leben völlig um! Die Seele ist aufgrund meiner Lebensgeschichte verletzt, der Alltag jetzt geprägt von Depressionen, Traumatischen Störungen und einer Zwangserkrankung (Zwangsgedanken - und Handlungen gemischt), deshalb begebe ich mich in ärztliche- und psychotherapeutische Behandlung. Etwa zum gleichen Zeitpunkt bricht eine Hauterkrankung (Psoriasis - Schuppenflechte) aus.

 

2009 entdecke ich für mich das Radfahren, bemerke durch diese Aktivität immer häufiger positiven Einfluss auf mein Krankheitsbild. Langsam kehrt etwas Lebensmut zurück und so verbessert sich auch meine Lebensqualität. Radfahren entwickelt sich zu meiner großen Leidenschaft.

 

2013 | Schockdiagnose Krebs! Ich bin ehrenamtlich im Hoesch Museum Dortmund (Kasse und Aufsicht) tätig, als mich ein weiteres Schicksal ereilt: KEHLKOPFKREBS! Zeitnah erfolgen Biopsie, eine Kehlkopfteilentfernung sowie die beidseitige "neck dissection" (Chirugischer Eingriff mit Ausräumung aller Lymphknoten im Halsbereich). Mit viel Glück bleibt meine Stimme erhalten! Schritt für Schritt kämpfe ich mich ins Leben zurück. Vorsichtig beginne ich auch wieder Fahrrad zu fahren. Die ersten Versuche enden allerdings schon nach Streckenlängen von rund 7 Kilometer, aber Aufgeben ist jetzt keine Option!

 

2014 | Radtouren als Mutmacher! Mit hohem Kraftaufwand gelingt es mir in 2024 über 5000 Kilometer auf Tagesradtouren zwischen Ruhr und Rhein zu radeln. Jetzt rufe ich mein Projekt ins Leben um auch anderen Menschen Mut zu machen!

 

2015 | "Krebspatient radelt für guten Zweck" - unter diesem Motto geht es nun auch für die gute Sache auf`s Rad.

 

2017 | Trennung trotz Liebe, denn es reicht wenn der Krebs ein Leben kaputt macht! Eine Krebserkrankung bringt sowohl für Betroffene als auch für Angehörige, Partner und Familie Veränderungen mit sich. Schweren Herzens habe ich am 27.08.2017 entschieden das ich niemanden zur Last fallen will, darum gehe ich ab jetzt alleine durch`s Leben. Ich beende die langjährige Beziehung, mein bisher schwerster Schritt.

 

Verzicht auf die Fahrerlaubnis! Im Laufe meiner Krebserkrankung waren mehrmals schlagartig Kehlkopfkrämpfe eingetreten. Die Luftröhre ist dann wie zugeschnürt, das Atmen unmöglich, man gerät in Panik und bekommt Todesangst! Da neben meiner eigenen Gesundheit auch immer die Gesundheit der anderen Verkehrsteilnehmer*innen auf dem Spiel steht, habe ich entschieden künftig nicht mehr selbst Auto zu fahren und deshalb meinen Führerschein am 30.11.2017 bei der Hagener Fahrerlaubnisbehörde zurückgegeben.

 

Heute kämpfe ich täglich mit den Langzeitfolgen meiner Krebserkrankung: Kurzatmigkeit, Mundtrockenheit und bei jedem Schluck Flüssigkeit und jedem Bissen die Gefahr zu ersticken, weil die Luftröhre nicht mehr verschlossen wird (Entfernung Tumor im Bereich des Kehldeckels). Ich bin jetzt über 20 Jahre "Trockener Alkoholiker", anhaltend zwar abstinent, aber die Schicksalsschläge machen mir weiterhin sehr zu schaffen, deshalb besteht dauerhaft ein erhöhtes Rückfallrisiko. Meine vom Müll der Lebensgeschichte verschüttete Seele ist weiterhin behandlungsbedürftig.

 

Krebs und Armut! Ich bestreite meinen eigenen Lebensunterhalt von einer kleinen Rente unterhalb der sogenannten Armutsgrenze, große Sprünge sind also nicht drin. Mein Einkommen reicht nur zum Überleben, mehr nicht.

 

Wegen der Nahtoderfahrungen (Kehlkopfkrämpfe) und der gesamten Lebensumstände sind meine physischen und psychischen Belastungsgrenzen schnell erreicht. Auf meinen Radtouren habe ich festgestellt das ich keine traurigen Gedanken habe wenn ich gemütlich durch die Natur radel, deshalb betreibe ich ausdrücklich keinen Leistungssport! Das Radfahren gibt mir Halt und verbessert kostengünstig meine Lebensqualität. Dankbar für die schöne Zeit draußen in der Natur, radel ich wann immer ich kann.

 

Ich hatte großes Glück, denn ich bin am Krebs nicht gestorben und deshalb möchte ich auch künftig:

- Spenden für Menschen sammeln denen es noch schlechter geht als mir,

- anderen Menschen mit meiner Geschichte Mut machen,

- Stigmatisierung abbauen,

- ehrenamtlich und kostenfrei meine Erfahrungen zum Thema "Bewegung trotz(t) Erkrankung" vortragen,

- regelmäßig in die Pedalen treten, um den gewonnenen Lebensmut aufrechtzuerhalten!.